Der Schulhof als Zifferblatt

Die Sonnenuhr des Apostelgymnasiums ist eine sogenannte Horizontalsonnenuhr, d.h. das Ablesefeld, das „Zifferblatt“ der Uhr, ist horizontal ausgerichtet und bedeckt den gesamten nördlichen Teil des Schulhofes. Sie ist neben der Sonnenuhr auf der Halde Hoheward im Ruhrgebiet und der auf dem Theaterplatz in Aschaffenburg - den aktuellen Vorbildern - die drittgrößte ihrer Art in Deutschland. Wegen ihrer Größe kann die Sonnenuhrzeit bis auf wenige Minuten genau abgelesen werden. Der Schattenwerfer, der sog. Gnomon, ist eine knapp 3m hohe Edelstahlsäule mit einer Kugel auf der Spitze. Er ist der Blickfang der Anlage.

Neben dem System aus Stunden- und Datumslinien, die das „Zifferblatt“ bilden, fällt sofort das Analemma, eine achtförmige Figur, in die der lateinische Sinnspruch TEMPUS FUGIT („Die Zeit flieht“) integriert ist, auf. Es ist das anschauliche Maß für den unregelmäßigen jährlichen Lauf der Sonne am Himmelsgewölbe. Dadurch, dass es zwischen die XI- und XII-Linie eingefügt ist, fällt der Kugelschatten um 12Uhr MEZ, also „Armbanduhrzeit“, je nach Datum auf eine seiner Schleifen.

Mit Hilfe einer als Bodenplatte vor dem Gnomon angebrachten Umrechnungstabelle, die die täglichen Unterschiede zwischen der auf der Sonnenuhr abgelesenen Zeit und der „Armbanduhrzeit“ angibt, kann die Sonnenuhrzeit in die „Armbanduhrzeit“ umgerechnet und so überprüft werden.

Auf der XII-Linie befinden sich die Tierkreistafeln mit den Tierkreissymbolen und weiteren einschlägigen Daten. Mit ihnen kann u.a. die Position der Sonne auf der Ekliptik bestimmt werden. Die „Weltstädterose“ ist eine Besonderheit dieser Sonnenuhr. 12 kreisförmig angeordnete Pfeile geben Richtung und Entfernung von Weltstädten an.

Die Sonnenuhr des Augustus auf dem Marsfeld in Rom ist das historische Vorbild. Sie diente vor allem kalendarischen Fragen. Unser heutiger Kalender geht in seinen Ursprüngen auf Arbeiten unter Julius Caesar und Kaiser Augustus um die Zeitenwende zurück. Die Monatsnamen Juli und August erinnern uns noch heute daran. Die sog. Gregorianische Reform im 16. Jahrhundert hat an seinem Wesen nichts geändert; er ist nur genauer gemacht worden.

Die APG-Sonnenuhr ist bei der Gesellschaft für Chronometrie unter der Nummer DGC 16099 registriert.

Das Ablesen einer Sonnenuhr ist zugegebener Maßen ein wenig altertümlich und umständlich und das Umrechnen in die „Armbanduhrzeit“ zumindest ungewohnt. Zudem kann sie nicht mit der Genauigkeit einer modernen technischen Uhr konkurrieren. Jede Armbanduhr geht genauer und ist vor allem unabhängig von Sonnenschein und Tageszeit. Aber es gibt eine Reihe von Fragen und Problemen, die erst bei der und durch die Auseinandersetzung mit der Zeitmessung mittels einer Sonnenuhr in das Problembewusstsein treten. Das sind vor allem kalendarische Fragen (Länge des Kalenderjahres, Tag-und-Nacht-Gleiche u.a.) und Fragen, die das System Erde-Sonne, d.h. den Problemkreis geozentrisches bzw. heliozentrisches System, betreffen. Damit kann die Sonnenuhr innerhalb der naturwissenschaftlichen Bildung einen ausgezeichneten Beitrag leisten, zumal Astronomie in unserem Bundesland weder Schulfach, noch obligates Thema in den einschlägigen Fächern ist.

Aber auch bei denjenigen, deren Interessen nicht den Naturwissenschaften und insbesondere der Astronomie zugewandt sind, vermag vielleicht die Schönheit der Anlage „interesseloses Wohlgefallen“ zu wecken.